„Die Königs Disziplin ist es, einen Ort zu beleben.”
Florian Jöckel irritiert mit seinen Projekten, er sucht nach Absurditäten abseits vom Altbekannten. Radprofis lässt er grüne Soße herstellen, Baristi sollen bei ihm keine Schwäne, sondern lieber Fahrräder in den Espresso gießen. Im Innern seines neuen Objekts in der Frankfurter Innenstadt soll eine Zitruswand entstehen, an einer Wasserrutsche arbeitet er noch. „Wenn du Sachen reproduzierst, kannst du sie vergleichen. Das ist wie bei Wattwerten. Aber das interessiert doch niemanden.“
Im November hat Florian zusammen mit Sven Seipp und Jule Parulewski ein vierstöckiges Haus in der Frankfurter Innenstadt gemietet. Inzwischen ist hier das Massif Central entstanden: Eine Kombination aus Café, Bike Service, mehreren Büro-Hubs, Showrooms, Popups und Kioskverkauf.
Zusammen mit La Marzocco Deutschland und der Hilfe von Michaela Kessler / Desres Design Studios Frankfurt hat Florian eine zweigruppige KB90 customized, die sich mit ihrem leuchtenden rot und blau perfekt in das Design Konzept des Massif Central einfügt.
Wir haben mit Florian über seine Vision eines südfranzösischen Sommers in Frankfurt gesprochen und ihn gefragt was es für ihn bedeutet ein guter Gastgeber zu sein.
Ursprünglich bist du Konzertagent. Wie kam es zu deiner Verbindung zum Radsport?
Wir haben vor 10 Jahren das erste Rock ‘n Roll Radsport Team der Welt gegründet. Guilty76 Racing ist wie ein Motorradclub organisiert – wir sind quasi zu den Rockern im Cycling geworden. Wir haben die Radsportkultur wieder aufgegriffen, sind zu Rennen gefahren und Dank der guilty76-Streetguerilla so auch über Deutschlands Grenzen hinaus zu einer Trademark im Radsport geworden.
Was hat dich an der Sportart so begeistert?
Du kannst nicht einfach in ein Championsleague Finalstadion gehen und mit deinen 11 Jungs bolzen, aber im Radsport geht das. Du kannst deine Mates einpacken und fährst nach Roubaix oder zum Mont Ventoux– die Rennstrecken sind das ganze Jahr da und öffentlich befahrbar.
Was hebt Guilty 76 von anderen Radsportvereinen ab?
Wir machen das nicht, weil das hip ist. Also Radsport ist vollkommen unhip eigentlich. Und boring und elitär und teuer. Bei uns gibt’s keine Barriere. Viele eifern den Radprofis nach. Und dann essen die nicht mehr richtig und machen Diät und fahren ins Trainingslager – ich rede von Hobbyfahrern. Dann kaufen die sich für 300€ einen Schuh und dann kommst du in London in Fahrrad Cafés rein und die schauen dich an und sagen „Uh, der hat aber ein bisschen Übergewicht hier“. Und du fühlst dich nicht willkommen, weil die sich alle über diesen asketischen Aspekt des Radsports definieren und den gibt es bei uns eben nicht. Es geht um Geselligkeit, Gemeinschaft und Community. Es gibt keine Verbote oder Credits. Letztendlich ist es ein Hobby. Eigentlich willst du eine gute Zeit verbringen und Spaß haben und das hast du nicht zwingend, wenn du plötzlich 30 Wochenstunden trainieren musst. Deshalb macht es keinen Sinn Wattwerte zu vergleichen. Das ist Schwachsinn. Das Ziel kann doch nur sein, dass man sich gut fühlt. Dafür muss man nicht 15.000 Kilometer im Jahr Rad fahren.
Woher kommt die Verbindung Radsport und Espresso?
Im Profisport gibt es nicht viel: Du kannst nicht saufen, du kannst nicht feiern, dir bleibt nur der Kaffee. Du musst auch irgendwie wach bleiben (lacht). Wenn du Energie verbrauchst, brauchst du auch wieder Energie. Kaffee hält dich fit, hat keine Kalorien, das ist ein großer Vorteil, wenn du Leistungssport betreibst. Für den Hobby-Sportler ist das bedeutend einfacher: du hältst während einem Trainingsride in einem Café an. Du fährst 50km, trinkst einen Kaffee, isst ein Stück Kuchen und fährst die 50km wieder zurück. Das sind dann eigentlich die geilen Momente und das ist die Verbindung zwischen Radsport und Espresso.
Ist das auch der Spirit, den ihr im Massif Central transportieren möchtest?
Genau. Es gibt viele Radsport Cafés, aber keins, dass sich irgendwie mit den Emotionen beschäftigt. Es geht darum einen guten Ort zu schaffen und den dann geil zu bespielen und für so viele Leute wie möglich aufzuschließen. Der darf nicht spitz sein. Ein richtig geiler Ort ist ein Ort, an dem sich jeder trifft, wo vom Wirtschaftsanwalt, Musiker, Kunst und Kultur, die Politik aber auch andere Gastronomen, die Szene, der Underground bis hin zum Studenten und Schüler sich alle wohlfühlen und am Start sind. Ein Ort, an dem jeder Zugang hat und keine Exklusivität herrscht. Exklusivität ist uns trotzdem wichtig, sie entsteht bei uns über die Qualität. Natürlich stellst du die beste Kaffeemaschine der Welt da rein, hast super Personal, lokale und nachhaltige Produkte und lieferst high Quality, aber es geht nicht darum den Leuten zu sagen „guckt mal, wie geil sind die denn, denn die haben eine geile Kaffeemaschine“.
Und dieser Qualitätsgedanke zieht sich auch durch das ganze Haus und über alle Etagen.
Was ist dabei die Herausforderung?
Die Königs Disziplin ist es einen Ort zu beleben. Man muss kein Museum nachbauen. Ein blutleerer Raum wird nie funktionieren, weil er blutleer ist. Es geht darum besondere Communities zusammenbringen, die so gemischt wie möglich sind. Du musst nicht Radprofi sein, um was Sinnvolles für den Radsport zu machen. Die Begeisterung ist das Wichtige. Du musst für irgendwas brennen und dann kannst du das ganze Ding weiterbringen.
Meinst du du stellst dich im Café auch selbst hinter die Theke?
Nur bedingt (lacht laut). Wir begreifen uns nicht als Gastronomen, sondern eher als Gastgeber. Ein guter Ort muss ohne Maskottchen funktionieren.
Lautet der Schlüssel zum Erfolg für dich „zu irritieren“?
Nur so kriegst du Aufmerksamkeit. Wenn einer sagt, „geht nicht“, dann fängt das bei uns gerade erst an interessant zu werden. „Geht nicht“ – das existiert nicht. Wenn jemand sagt: „du kannst in der Frankfurter Innenstadt nicht so einen Ort aufbauen auf 4 Etagen“, dann sagen wir: „wart mal ab!“ Das ist die einzige Antwort. Denn natürlich kann man das. Es ist nicht leicht, sonst könnte es ja jeder. Aber es geht.
Man muss aber nicht alles selbst gut können. Deshalb werde ich mich nicht hinter den Tresen stellen. Ich maß mir das gar nicht an.
Welche Rolle spielt eure KB90 für euer Konzept?
Die Maschine ist brutal und steht bei uns direkt in der Hauptsichtachse. Keiner hat jemals in dem Design so eine Maschine gesehen. Und jeder der sich mit Radsport auskennt, wird sagen „Boah wie krass ist das denn.“ Die Maschine wirkt nicht fremd. Zusammen mit den Neon Buchstaben, dem bunten Holz und dem Fußboden ergibt sich ein stimmiges Gesamtkonzept. Man kriegt das Gefühl, dass es schon seit 10 Jahren existiert. Richtig in Betrieb genommen haben wir die Maschine aufgrund von Corona noch nicht. Bis jetzt gab‘s nur ein paar Testruns, aber das wird sich zeitnah ändern.
Was sind eure Pläne für den Sommer?
Ende Mai kommen zwei sehr gute Freunde und Künstler aus Tel Aviv. Mit Pesh, Fly Gelada und der guilty76-Streetguerilla bemalen wir die komplette Außenfassade. Wir bauen quasi einen brooklynesken Ort im Herzen der Frankfurter Innenstadt. Und das mit Jungs, die international zur Creme de la Creme der Szene gehören. So wird das Massif Central auch Teil des Frankfurter Open Air Museums.
An den Wochenenden bauen wir draußen dann tatsächlich im Rahmen des möglichen einen „Urban Plage“ auf. Wir wollen einen schönen neuen Ort schaffen, der auch in den Zeitgeist passt. Deshalb auch der Claim „outdoor ist the new cool“.
Gibt’s auch einen Pool?
Da sitz ich quasi tatsächlich grade dran. Also nicht an einem Pool. Wir planen gerade eine Wasserrutsche. Und einen “Indoorgarten”, eine Zitruswand fürs Massif Central – die ist auch bis Ende Mai fertig. Im Moment ist es wirklich wild, immer wieder kommen Leute vorbei, bringen Sachen und sagen „guck mal, das können wir da noch hinhängen.“ So kam unter anderem auch der Perrier-Kronleuchter ins Massif Central.
So wie eine Art Hobbygarage, für Leute die nicht wissen wohin mit ihren Ideen?
Naja, eine Hobbygarage ist das sicherlich nicht. Eher wie ein “kleines Hub meets autonomes Jugendzentrum”. Im November haben wir diese Bude gesehen und gesagt, das machen wir. Und jeder der bisher drin war, wollte direkt irgendwie Teil von dem Ding sein.
Noch ist das Massif Central nicht geöffnet. Wie kriegen wir einen Vorgeschmack?
Das guilty76-Bike Department, unser Fahrradservice, hat bereits regulär von Montag bis Freitag 10.00 bis 18.00 Uhr geöffnet.
Seit letzter Woche hat der “Frankfurt bleibt stabil”-Textil Market seine Heimat bei uns gefunden. Freitags und samstags können die Kollektionen von Frankfurter Crews – als Click & Collect – sowieso Wein, Bier und natürlich auch Café – bis zur offiziellen Eröffnung als to-go – bei uns gekauft werden. Selbstverständlich verschicken wir auch alles zu euch nach Hause, von unseren Signature Kaffeebohnen Massif und Central in Zusammenarbeit mit Hoppenworth & Ploch, über die Linea Mini von La Marzocco und unserem Haus-Champagner Bulles und Rotwein Monstre bis hin zu Vintage Hockern, Stühlen oder unseren Massif Central-Leuchtbuchstaben. Selbstverständlich findet ihr dort auch die komplette outdoor is the new cool -Textil-Kollektion, dazu kommt schon bald das streng limitierte La Marzocco vs guilty76 racing “cycling ultras”-Signature Longsleeve.
Ein Besuch lohnt sich also definitiv – im Real Life an der Bar in der Eschersheimer Landstrasse 28 oder digital unter www.massifcentral.rocks